RE: Lernen lernen
Morrigan > 04-01-2021, 05:22 AM
Lerntechniken, Lernsysteme und Lernmethoden
Lernen bedeutet eine dauerhafte bzw. langfristige Veränderung in Form von Aneignung von Wissen durch Üben. Achtet man auf den persönlichen Lerntyp und wendet dazu noch passende Lerntechniken und Lernmethoden an, so kann das Lernen schneller und damit effizienter sein. Das Lernen kann (wieder) Spaß machen.
Es gibt viele verschiedene Lerntechniken und diese Auflistung ist bestimmt nicht vollständig, jedoch kann sie Anreize bieten, Neues auszuprobieren und damit ein besseres Lernen zu ermöglichen. Was ist nun der Unterschied zwischen einer Lerntechnik, einem Lernsystem und einer Lernmethode? Eine Lerntechnik ist ein praktisches Hilfsmittel, das helfen soll, sich ein konkretes Wissen anzueignen. Ein Lernsystem oder Lernmethode ist hingegen eine spezielle Art des Vorgehens beim eigentlichen Lernprozess. Eine Lerntechnik kann man daher in eine Lernmethode integrieren. Je nach Referenz verschwimmen die unterschiedlichen Bezeichnungen jedoch auch ineinander.
Verschiedene Lernangebote, die unterschiedliche Lerntypen ansprechen, kombinieren die Anforderung an alle Sinne. Diese Kombination bringen sehr gute Lernergebnisse hervor. Liegt einem ein Lerntyp oder eine Lernmethode besonders gut, so ist das Lernen entspannt. Wird eine fremde Lernmethode oder ein fremder Lerntyp genutzt, fordert dies das Lernen mehr.
Lerntechniken
Die klassische Art des Lernens ist häufig Notizen mit Stift und Papier. Aber ist es deswegen altmodisch oder überholt? Studien zufolge ist das händische Schreiben sogar effektiver als mit dem Laptop, indem man z.B. sofort in digitale Vorlesungsunterlagen Notizen macht. Statt kleinen Ergänzungen ist man beim Mitschreiben gezwungen Sachverhalte komplett aufzunehmen und in Kurzform (kurze Halbsätze oder Phrasen) mitzuschreiben. Das spart während der Stunde Zeit und fördert eine bessere Art des Mitdenkens. Aus den Kurznotizen werden zumeist in einer Nachbereitung wieder länger verständliche Unterlagen erzeugt, was zugleich eine Wiederholung der Inhalte bedeutet.
Werden Notizen aus einem Text angefertigt, ist eine häufige Methode lesen und unterstreichen. Dann nochmal lesen und aus den unterstrichenen Textteilen Notizen anfertigen. Die Wiederholung des Lesens ist gut und kann hilfreich sein, sich den Text besser einzuprägen. Ist man jedoch unter Zeitdruck beim Lernen, kann es effizienter sein, beim ersten Lesen direkt Notizen raus zu schreiben und den Arbeitsschritt des Unterstreichens zu überspringen. Das kann auch ein Lehrbuch schonen. Wird parallel zum Lesen bereits eine Zusammenfassung angefertigt, so kann auch direkt über eine Anwendung oder Verknüpfung nachgedacht und diese in die Notizen integriert werden. Ein weiterer aktiver Bezug in Form der Verknüpfungen hilft die Informationen besonders gut zu behalten. Es sind daher gleich mehrere aktive Beschäftigungen mit dem Gelesenem, statt einem passiven Lesen.
Weit verbreitet ist das Lernen mit Kartei- und Bildkarten. Durch das Herausziehen von kurzen und aussagekräftigen Informationen aus einem Gesamttext, wird das Wissen konzentriert und aufbereitet. Somit wird der Text durch das Herausziehen der Information wiederholt. Eine Lernkarte bietet nur bedingt Platz, daher muss sich der Inhalt genau überlegt werden. Eine weitere Wiederholung geschieht durch das Schreiben der Karte. Inhalte sollten sinnvoll auf eine oder mehrere Karten aufgeteilt werden. Auf die Vorderseite kann beispielsweise eine Frage oder ein Stichwort geschrieben werden, auf der Rückseite erfolgt dann die Antwort bzw. die geforderten Inhalte zum Stichwort. Zusätzlich können Bilder auf den Lernkarten ergänzt werden.
Mind Maps sind eine Weiterentwicklung von Bildkarten. Sie helfen in einer Übersicht die Gedanken in Form von Stichpunkten bildhaft anzuordnen und die Inhalte miteinander zu verknüpfen. Es ist eine kreative Methode, die bestimmte Bereiche im Gehirn aktiviert und damit weitere neuronale Verknüpfungen erstellt.
Eine systematische Weiterentwicklung von Mindmaps sind Centered Learning Maps (wem das zu kompliziert ist, kann es googlen). Dies ist eine spezielle Art einer Notizen-Map, die helfen soll einen Text und seine Inhalte kurz zu gliedern und die Inhalte bildlich abzuspeichern. Voraussetzung für diese Art der Maps ist ein aktives Lesen. Damit einher geht die erste Frage: Was werde ich lesen und welche Informationen benötige ich daraus für mein Lernziel? Es wird also mit einer konkreten Fragestellung an den Text herangegangen und nicht einfach mal geschaut, was der Text so bieten kann. Die Notizen-Map gliedert sich anschließend in drei Hierarchie- oder Themen-Ebenen. In der Mitte des Blattes steht die zentrale Fragestellung (erste Ebene), auf der zweiten Ebene kommen die Aspekte zur Fragestellung und unter die Aspekte als dritte Ebene, die Details. Dabei wird die Notizen-Map ähnlich wie eine Mind Map aufgebaut. D.h. die einzelnen Aspekte werden mit dem Hauptthema verbunden und die jeweiligen Details mit dem zugehörigen Aspekt. Verschiedenen Aspekten mit zugehörigen Details kann dann jeweils noch eine Farbe zugeteilt werden, was den visuellen Lerntyp besonders anspricht. Die Aufteilung in Hierarchie-Ebenen fördert zusätzlich das kritische Auseinandersetzen mit den Textinhalten, da jede Information einer Ebene zugeordnet werden muss. Insgesamt sollte man sich je Lernziel auf 4 bis 7 Aspekte und ebenso viele Details beschränken, damit die Map nicht überfüllt wird. Wird der Inhalt sehr viel und sehr komplex, ist die eigentliche Fragestellung evtl. noch zu allgemein und sollte nochmal konkretisiert werden, so dass sich der Inhalt anschließend auf mehrere Maps aufgliedern lässt.
Das klingt jetzt viel, verwirrend und sehr theoretisch. Daher hier ein ganz simples Beispiel. Im Unterricht werden verschiedene Arten von Pflanzen durchgenommen: Bäume, Gräser und Blumen. Nun sollen Infos über Blumen aus einem Text herausgearbeitet werden. D.h. Die Fragestellung ist: Welche Blumenarten gibt es (die, die im Text aufgeführt sind) und was sind ihre Eigenschaften? D.h. die Themen Bäume und Gräser werden aktuell nicht weiter beachtet. In die Mitte des Blattes (mind. DIN A4, besser DIN A3 da hat die Map Platz sich zu entwickeln) kommt das Thema „Blumen“. Es wird eingekreist und gilt als Lernziel. Nun wird der Text begonnen. Die erste benannte Blumenart ist „Rosen“. Diese werden als Aspekt 1 nach links oben auf das Blatt geschrieben und mit dem Thema „Blumen“ verbunden. Nun folgen im Text weitere Details zu „Rosen“, z. B. „rot“, „Stacheln“ und „kleine Blätter“. Diese drei Details werden jeweils untereinander unter „Rosen“ notiert und mit einer eigenen Linie mit dem Aspekt verbunden. Damit sind alle Informationen zu Rosen aus dem Text entnommen und in Kurzform notiert. Dann kommt die zweite Blumensorte, also der nächste Aspekt „Tulpen“. Dieser Aspekt wandert nach rechts oben auf die Map. Auch dieser Aspekt wird mit dem Lernziel „Blumen“ verbunden. Im Text kommen nun die Details zu „Tulpen“, z. B. „gelb“ und „lange breite Blätter“. Diese Details werden unter den Aspekt „Tulpe“ untereinander notiert und ebenfalls mit dem Aspekt verbunden. Mit weiteren Blumensorten als Aspekte wird ebenso verfahren. Abschließend erhält man eine Notizen-Map, auf der alle notwendigen Informationen in kurzer Form benannt sind. Zusätzlich könnte man den Aspekt „Rosen“ noch rot und den Aspekt „Tulpen“ noch gelb markieren. Man verbindet die Eigenschaft, die es zu lernen gilt, optisch mit einem Hilfssystem, wie eine kleine Eselsbrücke. Dieses System lässt sich natürlich auch auf komplexere Themeninhalte anwenden.
Oftmals müssen Informationen aus Sachtexten/ Büchern entnommen werden. Je nach Lesetempo und Bearbeitungsweise kann das viel Zeit in Anspruch nehmen. Smarter Lesen kann helfen in kurzer Zeit relevante Informationen aus Texten zu filtern. Dabei geht es insbesondere um Fachbücher, bei denen mehrere Kapitel durchgearbeitet werden müssen, z.B. für eine Abschlussprüfung. Es ist meist nicht notwendig alles in einem Buch zu lesen oder die Kapitelreihenfolge in einem Buch einzuhalten. Smartes Lesen fordert ein aktives Lesen und Mitdenken, um die relevanten Stellen zu identifizieren. Es soll nicht einfach der Text passiv von oben nach unten runtergelesen werden um mal zu sehen, was so kommt. Das ist zwar fleißig, aber dabei bleibt wenig Wissen hängen. Vielmehr sollen gezielt die Inhalte des Buches identifiziert werden, die zum persönlichen Lernziel gehören, denn das werden nicht alle Informationen des Lehrbuchs sein. Kapitel in denen man sich vom Lerninhalt sehr sicher ist, können auch erst einmal ausgelassen werden. Eine Wiederholung kann kommen, wenn noch Zeit dafür ist. Sind die notwendigen Inhalte identifiziert also aktiv gefunden, müssen sie aufgenommen und verarbeitet werden, d.h. in einen Bezug zueinander und zu bereits vorhandenem Wissen und einer Anwendung gesetzt werden um sie erfolgreich im Gedächtnis abzuspeichern.
Hat man ein dickes Lehrbuch vor sich und weiß nicht genau, wo man anfangen soll, gibt es eine sehr schnelle Methode um einen Überblick über das Buch und die Kapitel zu gewinnen. Zum einen sollte das Inhaltsverzeichnis durchgegangen werden. Dabei fallen vermutlich direkt wichtige Kapitel auf und welche, die man erst einmal weglassen kann, da der Stoff nicht prüfungsrelevant ist. Hat man ein eigenes Interesse daran um sich weiterzubilden, so können die Kapitel z.B. in freier, stressfreier Zeit gelesen werden. Um einen Überblick über ein Kapitel zu bekommen, ob da wirklich der vermutete Inhalt drin steckt, lohnt es sich nur die erste und die letzte Seite des Kapitels zu lesen. Das mag erst mal befremdlich erscheinen. Zu Beginn wird aber eingeführt um was es gehen soll und am Ende steht eine knappe Zusammenfassung der Inhalte. Damit kann man sofort entscheiden, ob ein tieferer Einblick notwendig ist. Diese Methode ist vor allem darauf ausgelegt, Zeit bei der Kapitelauswahl zu sparen. Sie trägt außerdem die relevanten Informationen zusammen, erzeugt aber kein tieferes Verständnis.
Werden einzelne Kapitel als relevant identifiziert, soll am besten zeitgleich mit dem Lesen ein längerfristiges Merken und ein tieferes Wissen eintreten. Es kann helfen nach jedem Absatz sich das Gelesene zu visualisieren und zu reflektieren, warum es relevant ist. Indem man darüber nachdenkt und das Gelesene in einen direkten Bezug zum Lernziel stellt, bindet man die Gedanken und das neue Wissen in einen Kontext ein und festigt es damit im Gehirn. Zusätzlich gilt auch hier, direkt Notizen machen. Was man schreibt, merkt man sich besser.
Eine Weiterentwicklung des Smarten Lesens ist das Speedreeding. Ziel ist hier kein Screening von Textinhalten sondern die Halbierung der Lesezeit. Viele Lesen recht langsam, als ob sie einen Text vorlesen und formulieren die einzelnen Worte im Kopf. Das ist der Prozess, wie wir lesen lernen und den behalten wir üblicherweise bei. Unser Gehirn kann aber mehr. Wenn wir die Augen schnell über einen Text gleiten lassen, nehmen wir trotzdem die Wörter wahr, jedoch nicht mehr den kompletten Text in allen Details. Insbesondere kleine Füllwörter fallen weg. Trotzdem erfassen wir alle Schlagwörter instinktiv. Damit kann man einen Text schnell durchrastern, ob die gesuchte Information überhaupt in diesem Textteil steht. Oder man benötigt aus 20 Seiten Text nur einen Absatz für den Lerninhalt. Diesen kann man damit schnell identifizieren. Oftmals denken wir, dass ein Autor das ja alles geschrieben hat und es deswegen auch alles wichtig sein muss. Für den Autor mag es so sein und er möchte sein Werk natürlich umfangreich mit vielen Details präsentieren. Jedoch hat der Autor das Buch nicht für unser persönliches Lernziel, sondern für eine breite Masse mit breiten Lernzielen geschrieben. Lesen wir alles, kostet das meist viel Zeit, die in Prüfungsphasen nicht vorhanden ist. Daher ist es notwendig, die wichtigen Textteile identifizieren zu können.
Speedreading mag erst mal sehr ungewohnt und vielleicht auch verwirrend erscheinen. Es ist jedoch gut in kleinen Schritten übbar. Zu Beginn mag man den Anschein haben gar nichts zu verstehen, denn das Gehirn braucht auch Übung sich entsprechend umzustellen. Daher lohnt es immer mal das Lesetempo zu erhöhen und auch diese Fertigkeit auszubauen.
Manchmal kann ein Lehrbuch sehr umständlich, trocken oder verwirrend geschrieben sein. Was dem einen besonders gut liegt, liegt dem anderen nicht. Da ist der Inhalt für denjenigen einfach nicht gut aufbereitet. Statt sich also immer wieder durch das gleiche Lernmaterial zu quälen, kann es hilfreich sein zu Zusatzmaterial zu greifen. Das kann ein anderes Lehrbuch über das gleiche Thema sein, denn jeder Autor hat seinen persönlichen Schreibstil. Oder aber man greift zu kurzen Lehrvideos, die das Thema mit Bildern und Abfolgen verständlich machen. Z.B. in Geschichte oder Naturwissenschaften kann eine anschauliche Abfolge, das Nachspielen einer historischen Schlacht, das Fliegen zu exotischen Orten mit Flora und Fauna gleich viel ansprechender und interessanter sein als ein langweiliger Sachtext. Auch das Aufbereiten solcher Themen in Lerngruppen kann hilfreich sein, dass die Inhalte in Diskussionen lebendig werden dürfen und man sich darüber hinaus noch gegenseitig motivieren kann. Auch hier gilt es zu schauen, welchen Einfluss der Lerninhalt auf das persönliche Hier und Jetzt hat, so dass man eine gedankliche Verknüpfung herstellen kann. Weitere Zusatzmaterialien können auch Lern-Apps, Lernprogramme, Podcasts, etc. sein. Hier bieten Suchmaschinen gerade online sehr viele Möglichkeiten. Wichtig bei einer Suche ist nicht vom Thema abzukommen und sich ablenken zu lassen. Nützlich kann es sein, sich für eine Suche auch einen Wecker zu stellen, z. B. 5 min Suchzeit. Danach werden die gefundenen Ergebnisse gesichtet und nach Brauchbarkeit bewertet.
Der Einfluss der Digitalisierung (Stichwort Industrie 4.0) ist heute überall spürbar, gerade in der Rolle des zur Verfügung stehenden Informationsmaterial. Das kann einen förmlich überschwemmen. Jedoch ist etwas online zu lesen oder ein Video zu schauen nicht gleich bedeutend mit Lernen. Das sogenannte E-Learning ist ein sehr individuelles Lernen. Es muss die Bereitschaft da sein, digitale Medien als Hilfsmittel anzunehmen und auch die bisherigen Lernmethoden dahingehend umzustellen oder anzupassen. Informationen werden in völlig neuer Weise auf verschiedenen Medien angeboten, anders zum klassischen Papier und Lehrbücher. Arbeitsabläufe müssen sich ändern und umstellen. Das Angebot an elektronischen Medien wie z. B. PDFs, Videos, E-Books, Podcasts etc. ist enorm, ebenso die Möglichkeiten von Online-Veranstaltungen wie Video-Konferenzen oder Online-Schulungen, wo Menschen digital aber nicht mehr persönlich in Kontakt treten. Dies alles sind neue Arten der Interaktion und Kommunikation. Es treten neue Formen der digitalen Vernetzungen ein und auch ein digitaler Austausch z.B. in Fachforen ist heute alltäglich, den es früher beispielsweise nur auf Fachveranstaltungen gab oder noch eine Korrespondenz per Brief.
Beim digitalen Lernen muss sich auch unser Lernverhalten etwas anpassen. Es ist immer noch sinnvoll Notizen mit Stift und Papier zu machen, da man damit teilweise schneller ist, insbesondere wenn man zusätzlich eine Skizze anfertigen will. Zum anderen nimmt das Gehirn die Notizen anders auf. Der haptische Reiz fördert das Merken. Demnach benötigen wir neben den digitalen Medien, die das Wissen bereitstellen noch analoge Vorgänge zum Lernen und dem Festigen des Wissens. Diese beinhalten: denken, sprechen, verstehen, reden, schreiben, zeichnen, lehren. Ein reines Online-Lernen funktioniert selten optimal. Auch offline anderen Aktivitäten nachgehen, wie spielen, reden und kreativ sein, also soziale und künstlerische Methoden zu nutzen, hilft uns als Ausgleich und festigt das digital gelernte Wissen. Den ganzen Tag nur online zu sein, sei es zum Lernen, zum Chatten, zum Spielen, etc. schränkt die digitale Lernkapazität ein. Die Virtual Reality sollte nur einen Teil unseres Lebens ausmachen.
Das Recherchieren in digitalen Medien lässt oft schnell weiterspringen, ohne dass wir Informationen wirklich aufnehmen. Lesen oder Hören passiert oft passiv, insbesondere, da nebenbei auch andere Aktivitäten möglich sein. Das passive Recherchieren reicht jedoch nicht aus, um die Informationen langfristig zu behalten. Daher sollte man sich auch bei digitalen Recherchen immer aktiv mit den Inhalten beschäftigen und z. B. Notizen anfertigen.
Mobiles Lernen hat aber auch verschiedene Vorteile. Man ist z. B. nicht an den Veranstaltungsort (Schule, Uni, etc.) gebunden. Pendelwege, ggf. Übernachtungen entfallen und verkürzen damit logistische Wege. Die Lernumgebung kann individuell nach den eigenen Bedürfnissen gewählt werden. Ablenkungsfaktoren oder negative Umgebungen können damit gemieden werden.
Die Zeiteinteilung kann zumindest teilweise individuell erfolgen. Es können Zeitspannen gewählt werden, in denen man ungestört ist oder die dem eigenen Biorhythmus besser zusagen. Nicht jedem liegt es gleich morgens früh zu lernen. Um hier aber auch die Lernzeiten nicht zu übergehen, kann es hilfreich sein, diese fest einzuplanen.
Ein Selbststudium erlaubt das Erarbeiten von Inhalten im eigenen Tempo. Seiten können nochmal nachgelesen und wiederholt werden, ein Video kann gestoppt oder zurück gespult werden ohne andere dabei zu unterbrechen oder zu stören. Parallel können weitere Detail-Informationen eingebracht oder recherchiert werden. Zusätzlich kann das Lernen mit Hilfe von Online-Mentoren oder Lern-Coaches ergänzt werden. Diese können neue Denkanstöße liefern oder einen Prozess der Selbstreflektion und dem Nachdenken über Lerninhalte begünstigen. Zusätzlich fördert es die Kommunikation. Ziel ist es jeweils die Eigeninitiative zu fordern und aufzubauen. Ein reines digitales Lernen, das hauptsächlich im Selbststudium abläuft, erfordert daher viel Motivation, Selbstdisziplin und Eigenverantwortung.
Lerngruppen, ob sie sich nun real oder digital treffen, fördern den Lernprozess. Das Lernen mit Freunden kann Spaß machen und zeitgleich motivieren. Hier sollte jedoch nicht zu viel geplaudert werden, sondern der Fokus wirklich auf dem Lernen liegen. Ein Wecker kann helfen, dass zu Beginn etwas geplaudert werden darf, denn es ist ja auch schön sich zu sehen, aber dann auch daran erinnern, wann die Lernzeit beginnt. Indem man sich mit anderen zum Lernen verabredet, geht man zeitgleich eine Lernverpflichtung ein. Die Chance abzusagen und etwas anderes zu tun ist geringer, da man sich gegenseitig in der Lerngruppe auf den anderen verlässt („Power of Social Commitment“). Das Ziel gemeinsam erfolgreich zu sein, löst einen gewissen inneren Druck aus, der jedoch Ansporn geben kann um sich Lerninhalte anzueignen.
Ein Treffen pro Woche ist eine gute Zeiteinheit, so hat jeder Zeit die Termine entsprechend vor- und auch nachzubereiten. Dabei sollten die Lerninhalte pro Termin vorab schriftlich festgehalten werden, so dass man auch hier keine Ausreden findet, etwas nicht anzugehen, weil es zu kompliziert ist oder keinen Spaß macht.
Der Austausch mit anderen lässt unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen zu einem Lerninhalt zu. Die Diskussionen über Inhalte helfen Dinge leichter zu behalten und damit bessere Ergebnisse beim Anwenden zu erzielen. Das Lernen mit Mentoren oder Vorbildern kann die Motivation weiter verstärken. Indem man selbst versucht anderen etwas zu erklären, wird man mit neuen Denkmustern des Gegenübers konfrontiert. Man denkt die gleichen Inhalte also auch auf eine andere Weise durch, womit sich diese festigen und man sich selbst weiterbildet.
Anderen von den eigenen Lernzielen zu erzählen, z. B. der Familie oder Freunden, kann ebenfalls motivieren. Dabei müssen sie selbst nicht Teil der Lerngruppe sein. Indem man jedoch sagt, was man sich vornimmt, möchte man hinterher natürlich auch einen Erfolg vorzeigen, alles andere wäre doch etwas peinlich und das möchte vermieden werden. Daher strengt man sich automatisch mehr an. Lerninhalt und Zieldatum sollten dabei jedoch auch klar kommuniziert werden, sonst ist eine Kontrolle kaum möglich.
Im weitesten Sinne von Lerngruppen, können auch Seminare, Workshops und Kurse verstanden werden.
Um Frustration und Stress beim Lernen zu vermeiden, sollte nicht immer erst auf den letzten Drücker mit Lernen begonnen werden. Es ist besser früher anzufangen oder gleich Lerninhalte parallel zum Kurs aufzubereiten. Damit macht man immer ein kleines Stück und der Berg an Lernstoff wird automatisch kleiner.
Alle Lerntechniken beinhalten sowohl Wiederholungen als auch Pausen. Besonders hilfreich ist es, wenn sich in den Pausen auch bewegt wird. Das bringt den Kreislauf in Schwung. Neben Pausen benötigt der Körper auch ausreichend Schlaf. Gerade in Prüfungsphasen ist das oft kritisch umzusetzen, aber ein übermüdeter Geist ist nicht leistungsfähig, d.h. die Aufnahme von Wissen dauert deutlich länger. Daher sich lieber 2 h mehr Schlaf gönnen, dann dauert der Lernprozess deutlich kürzer. Außerdem festigt das Gehirn im Schlaf das Wissen. Schlaf ist also doppelt nützlich. Zusätzlich sollte auch darauf geachtet werden, dass man gesund isst und vor allem genügend trinkt. Das Gehirn braucht viel Wasser um gut zu funktionieren.
Lernmethoden
Lernmethoden sind Hilfsmittel um den eigentlichen Lernprozess zu gliedern und zu optimieren. Es gibt unterschiedliche Lernmethoden, von denen einige hier als Beispiele vorgestellt werden sollen. Viele Lernmethoden verwenden Akronyme, um sie sich einfacher zu merken. Geht man die einzelnen Wörter durch, so zeigen sie den Ablauf, wie eine Lerneinheit aufgebaut werden soll.
SMART = spezifisch, messbar, attraktiv (akzeptiert), realistisch, terminiert
Spezifisch: definiere genau den Lerninhalt
Messbar: die Inhalte müssen so sein, dass man den Erfolg/ Wissenszuwachs/ die Leistung messen kann
Attraktiv: gib dem Lerninhalt einen Sinn, damit er für dich attraktiv erscheint. Teilweise auch als akzeptiert bezeichnet: akzeptiere den Lerninhalt, so dass du dich damit auseinander setzen kannst. Der Lerninhalt sollte sich positiv für dich darstellen.
Realistisch: mache eine realistische Planung von Aufwand und zur Verfügung stehenden Zeit. Übernimm dich nicht, dass kein Stress entsteht.
Terminiert: lege für jede Teiletappe und das Endziel ein Datum fest, das es zu halten gilt.
Die SMART-Methode gibt genaue Arbeitsschritte in der Planung und Umsetzung vor.
WOOP = wish, outcome, obstacle, plan
Wish (Wunsch): Lege dein Ziel fest und definiere es genau
Outcome (Ergebnis): Lege fest, welches Ergebnis du erreichen möchtest
Obstacle (Hindernis): Identifiziere Hindernisse auf deinem Weg zum Ziel
Plan (Planung): Führe eine Planung durch um Hindernisse zu beseitigen und dein Ziel zu erreichen
Die WOOP-Methode gilt mehr der Planung, indem das Ziel und der Weg dorthin konkretisiert werden sollen. Die Durchführung selbst ist freier zu gestalten.
ALPEN = Arbeiten aufschreiben, Länge einschätzen, Pufferzeit einplanen, Entscheidungen treffen und Aufgaben priorisieren, Nachkontrollieren (z.B. am nächsten Tag, bleibt der Plan?)
Ähnlich wie die WOOP-Methode ist auch die ALPEN-Methode besonders gut zur Planung geeignet. Vorteil der ALPEN-Methode ist die Einplanung von Pufferzeit, in der auch Aufgaben neu priorisiert werden können. Ständige Kontrollen sollen keinen Druck ausüben, sondern zur Selbstreflektion dienen. Manchmal überschätzt man sich mit einem Thema auch. Der Plan kann regelmäßig angepasst werden.
Die Chunking Methode besagt, dass Wissen in kleine Stückchen aufgeteilt werden soll. Sie ist z.B. nützlich, wenn man sich lange Zahlenreihen merken soll, z. B. Telefonnummern. Diese werden in Zweier- oder Dreierblöcke aufgeteilt und dann Stückweise auswendig gelernt. Ebenso lassen sich Vokabeln in Blöcke einteilen, z.B. ein Verb mit zugehörigem Nomen und Adverb oder in Wortarten oder Attribute. Ebenso können Einteilungen nach Sinngegenständen, Gruppierungen und Assoziationen vorgenommen werden.
Das Blended Learning System ist als eine Mischung aus digitalen und klassischen Lernmethoden definiert (blenden = vermischt). Insbesondere sollen hierbei unterschiedliche Medien zum Einsatz kommen, die unterschiedliche Lerntypen ansprechen.
Das Centered Learning System ist ein umfassendes System, das auf verschiedenen Stufen aufbaut und insbesondere auf eine Zeitersparnis also Effizienz ausgelegt ist. Diese Methode vereint unterschiedliche Lerntechniken. Hier wird sowohl die Lernmotivation, eine schnellere Aufnahme von Wissen und Methoden für ein schnelleres Gedächtnis angesprochen.
Die Loci-Methode ist eine mnemotechnische Lernmethode, die besonders bei Gedächtnissportlern beliebt ist. Loci ist lateinisch und bedeutet Platz. Zusätzlich kommt die Assoziationstechnik zum Einsatz. Jeder begriff den man sich merken möchte, bekommt demnach auf einem festgelegten Weg seinen Platz zugewiesen. Eine Assoziation (bildliche Vorstellung des Begriffs) wird auf dem jeweiligen Platz dargestellt. Mit dieser Methode kann man auch komplizierte Reihen auswendig lernen, für die man wenig greifbare Anwendung hat.
Eine Methode zu Arbeitsplanung ist die Eisenhower-Matrix. Diese Matrix hilft der Überschaubarkeit und dabei Aufgaben zu priorisieren (was muss ich am dringendsten erledigen?). Die Eisenhower-Matrix ist dabei ein x,y-Diagramm (wem das zu kompliziert ist, kann es googlen. Achtung: hierbei kann die Auftragung von der Beschreibung hier abweichen!). Dabei ist links auf der x-Achse der Bereich „unwichtig“ und rechts auf der x-Achse der Bereich „wichtig“. Auf der y-Achse ist unten der Bereich „nicht dringend“ und oben der Bereich „dringend“. Daraus ergeben sich vier Bereiche in diesem Diagramm:
(1) Bei einem hoher x-Wert (rechts = wichtig) und einem hohem y-Wert (oben = dringend) sind Aufgaben, die wichtig und dringend sind. Diese Aufgaben haben die höchste Priorität und müssen sofort erledigt werden.
(2) Bei einem hohem x-Werte (rechts = wichtig) aber niedrigem y-Wert (unten = nicht dringend) sind Aufgaben, die dringend, aber nicht ganz so wichtig. Sie erhalten die zweithöchste Priorität gleich nach den ganz wichtigen und ganz dringenden Aufgaben. Aufgaben, die gerade noch nicht ganz dringend sind, aber ein Zieldatum (z. B. einen Abgabetermin haben), können sich im Laufe von Tagen oder Wochen (je nach Zeitspanne der Planung) zu dringenden Aufgaben werden. Sie müssen daher unbedingt terminiert werden, so dass sie zeitnah auch erledigt werden können.
(3) Bei einem hohen y-Wert (oben = dringend) aber einem niedrigem x-Wert (links = unwichtig) liegen Aufgaben mit der dritthöchsten Priorität. Hierbei kann man, falls möglich, auch überlegen, ob man diese Aufgabe an andere delegieren (abgeben) kann. Im Falle von Prüfungsleistungen ist das jedoch nicht zu empfehlen.
(4) Bei einem niedrigen y-Wert (unten = nicht dringend) und einem niedrigen x-Wert (links = unwichtig) liegen Aufgaben ohne Priorisierung. Bei diesen kann man sich als erstes die Frage stellen: müssen sie überhaupt gemacht werden? Ist es eine Zusatzleistung, die zwar nett ist, aber nichts einbringt? Oder aber ist es eine Aufgabe, deren Zieltermin noch weit in der Zukunft liegt? Dann sollte diese Aufgabe zumindest terminiert werden, da sie irgendwann in den Bereich „dringend“ weiterrücken wird und damit zu einer Prio2 Aufgabe wird.
Bei allen Aufgaben ist zu beachten, dass sich die Einteilungen ändern können. Die Verwendung von Klebezetteln oder Magnetkärtchen auf denen die Aufgabe, der Zieltermin, das Leistungsziel und der Nutzen stehen, bieten sich hierfür an, denn sie können beliebig in der Matrix verschoben werden. Insbesondere dann, wenn sich Zieltermine ändern, oder andere dringendere Aufgaben dazwischen kommen. Diese Matrix hilft einen Überblick über alle anstehende Themen zu gewinnen und eine Abfolge der Abarbeitung zu organisieren.
Die Eieruhr- oder Pomodoro-Methode gibt gezielt Lernintervalle vor. Aufgaben oder große Lerninhalte werden zu Beginn untergliedert und schriftlich festgehalten. Dann wird die Eieruhr (es gibt sie auch als Tomatenform, daher der Name) auf 25 min (durchschnittliche Konzentrationsspanne) eingestellt (es kann natürlich auch ein anderer Wecker sein). In diesen 25 min soll ohne Unterbrechung an der Aufgabe gearbeitet werden. Anschließend folgen 5 min Pause ohne neue Informationsflut, also kein Smartphone, keine sozialen Netzwerke, keine Nachrichten etc. Am besten ist es in der Tat aufzustehen und sich kurz die Beine zu vertreten, evtl. einen Tee kochen und bis das Wasser heiß ist, einfach die Gedanken schweifen lassen. Nach den 5 min Pause folgt eine weitere Lerneinheit von 25 min. Danach gibt es eine längere Pause. Die Pausen sollen als Belohnung für das Durcharbeiten verstanden werden und können daher auch gerne mit einer kleinen Belohnung gefüllt werden. Am Ende jeder Lerneinheit werden die erfüllten Teilaufgaben abgehakt. Die Anzahl der Lernintervalle kann stückchenweise gesteigert werden. Es sollten mind. zwei sein, können aber auch auf vier hochgesetzt werden. Spätestens nach vier Lernintervallen mit kurzen Pausen, sollte eine längere Pause folgen.
Die „Eat the Frog“-Methode sagt mit ihrem Namen (Iss den Frosch) genau, was sie möchte: Beginne mit der schlimmsten bzw. der schwersten Aufgabe. Sobald der Frosch geschluckt ist, wird es einfacher. Ziel ist es das Schlimme nicht vor sich her zu schieben, denn es geistert dann immer wieder durch die Gedanken, sondern es zu erledigen und damit Ruhe davor zu haben. Schiebt man diese Aufgabe, befindet man sich im Vermeideverhalten, das nie positiv ist. Und in dieser Stimmung erledigt man dann auch die anderen Aufgaben. Hat man die schlimmste Aufgabe weg, kann es danach nur einfacher und besser kommen.
Das Pareto-Prinzip (auch 20/80-Methode) lässt sich auf viele Bereiche des Lebens anwenden. Allgemein sagt es erst einmal aus, dass man mit 20% Einsatz 80% Gewinn herausholen lassen. Was soll das nun für das Lernen bedeuten? Das Pareto-Prinzip ist das Gegenteil von Perfektionismus. Diese Methode zielt darauf ab, mit möglichst wenig Aufwand viel heraus zu holen. Dazu muss sich auf wenige wichtige Aspekte konzentriert werden, die besonders relevant sind. Zeitgleich darf sich nicht in Details verloren werden, sondern es geht jeweils um die großen Zusammenhänge. Das Wissen wird quasi komprimiert. So kann mit weniger Einsatz bessere Ergebnisse erzielt werden. Das System wird auch manchmal unbewusst unter „Lernen auf Lücke“ angewendet. Das Ergebnis muss nicht perfekt sein, es muss ausreichen um seinem Ziel näher zu kommen. Damit schont man die eigenen Ressourcen und gewinnt Zeit für andere Dinge. Hierzu gehört ebenfalls sich gut zu organisieren, damit man wichtige Aspekte nicht verpasst. Detailwissen kann auch später noch nachgeholt werden, wenn die großen Zusammenhänge bekannt sind. Mit dieser Methode lassen sich viele relevante Aufgaben zufriedenstellend erledigen statt nur eine mit vollen Details.
Die Early-Bird-Strategie mag nicht für jeden Menschen etwas sein, denn sie hängt stark vom eigenen Biorhythmus ab. Sie besagt, dass der Kopf morgens noch frisch und klar ist und noch keine großen Dinge stattgefunden haben, die uns ablenken. Ebenso können noch nicht viele (bzw. keine) Dinge aufgetreten sein, die uns kurzfristig dazwischen kommen, um das Lernen zu stören oder zu verhindern. Man sollte also gleich morgens mit dem Lernen starten, anstatt mit anderen Dingen, die vielleicht sogar mehr Spaß machen, aber man dann nicht mehr daraus raus kommt. Beispielsweise möchte man doch nur eine halbe Stunde kurze am PC zocken und plötzlich ist es vier Stunden später. Klar macht das Zocken mehr Spaß, jedoch kann am Ende die Zeit fürs Lernen fehlen.